Ein opto-akustischer Transfer

von Carsten Dane und Gabor Altorjay

Biographie

Béla Hamvas wurde 1897 im ungarischen Eperjes, dem heutigen Prešov in der Slowakei, geboren. Kurz nach seiner Geburt zogen die Eltern nach Pressburg (Bratislava), wo Hamvas seine Kindheit und Schulzeit verbrachte. 1915 meldete er sich freiwillig zum Militärdienst. An der ukrainisch-russischen Front wurde er mehrfach verwundet. Nach dem Studium der ungarischen Literatur und Germanistik arbeitete Hamvas als Journalist und Bibliothekar. 1937 heiratete er die Autorin und Übersetzerin Katalin Kemény. Zwischen 1930 und 1945 veröffentlichte Hamvas rund 300 Artikel. „Die idyllische Stimmung seiner Essays und Studien erinnert an Thoreau, seine Klarsicht an A. Huxley, die leidenschaftliche Wahrheitssuche an Kierkegaard. In drei grundlegenden Studien beschäftigt er sich – anders als die damalige Krisenliteratur – nicht mit der Politik der europäischen Zivilisation, Wirtschaft und Kunst, also nicht mit Teilerscheinungen, sondern er deckt im Auseinanderdriften von Sein und Lebenspraxis die ontologische Grundlage der Krise auf.“ (Katalin Kemény). 1942 wurde Hamvas erneut zum Militärdienst einberufen, desertierte aber aus Widerstand gegen die Kollaboration der ungarischen Armee mit der SS. Während der Belagerung von Budapest wurde sein Haus zerstört, seine Bibliothek und ein Großteil seiner Manuskripte gingen in Flammen auf. Kurz nach der kommunistischen Machtergreifung 1948 verlor er seine Stelle als Bibliothekar. Ein gemeinsam mit seiner Frau veröffentlichtes Buch über die ungarische Avantgarde-Malerei „Revolution in der Kunst – Abstraktion und Surrealismus in Ungarn“ war heftigen Angriffen durch Georg Lukàcs ausgesetzt. Hamvas wurde in die Provinz verbannt. Von 1951 bis zu seinem Tod in Szentendre 1968 lebte er als Hilfsarbeiter (Verwalter der Materialausgabe) auf der Großbaustelle eines Kraftwerks. Bei seinem Tod hinterließ er 80.000 Manuskript-Seiten, darunter sein 1.500-seitiges Hauptwerk KARNEVAL. Seit den 1980er Jahren erscheint eine umfangreiche Gesamtausgabe. „Hamvas ist heute Kult.“ (Richard Wagner)

Porträt eines älteren Herrn projiziert auf Leinwand in einer Halle mit Besuchern

KARNEVAL 2010

Karneval

Béla Hamvas begründet mit „Karneval“, einem Jahrhundertwerk, „dessen Konzeption und Reichtum ihresgleichen und den Weg in die Weltliteratur suchen“ (NZZ), das Genre des „Initiationsromans“. Hauptgestalt des Romans ist Mihály Bormester (dt. „Weinmeister“), der als Neugeborener in der Wiege vertauscht wird. Dem schizophrenen Jahrhundert entsprechend leben die vertauschten Kinder – der Heilige und der Clown – das Leben des jeweils anderen. Die Suche nach sich selbst wird zum Leitmotiv des Romans. Personen und Ereignisse (reale wie mythische) durchdringen sich. Ich ist ein Anderer. Der Karneval wird zur universalen Metapher für die Vielgesichtigkeit des Menschen. In den ständig wechselnden Masken der aberhunderten Romanfiguren erkennt Bormester unzählige Metamorphosen seiner selbst. Höhepunkt des Romans ist eine karnevaleske Jenseitsvision, aus der Bormester geläutert hervorgeht. Der Schicksalskatalog endet 1944 in einem Budapester Luftschutzbunker, in dem sich die Schrecken des 2. Weltkriegs verdichten. Hamvas dekonstruiert das „Ich“. „Nur kein Pathos, kein Weihrauch, wenn ich ausspreche: Ich – sagt Hamvas. Erst dann ist es möglich, die Schwelle zu betreten und im maskierten Strudel des Lebens die eigenen Masken zu erkennen: Ich bin jede Maske!“ (Antal Dul)

Es lasen:

  • Gabor Altorjay
  • Paul Derouet
  • Jürgen Flimm
  • Anja Gronau
  • Carolin Hensler
  • Werner Hofmeister
  • Rebekka Knoll
  • Hans Kremer
  • Adrian La Salvia
  • Michaela Monschein
  • Alexander Nitzberg
  • Thomas Pasch
  • Anna Pasch
  • Theresia Prammer
  • Uta Rauwald
  • Sebastian Richter
  • Frank Ruf
  • Martina Schiesser
  • Christian Schloyer
  • Leonhard F. Seidl
  • Tzveta Sofronieva
  • Dirk Stolzenberger
  • Ivan Vincze
  • Jan Wagner
  • Stefan Winter
  • Klaus Zehelein
  • René Zucker

Es spielten:

  • Carsten Dane
  • Werner Hofmeister
  • Felix Kubin
  • Tivadar Nemesi
  • János Vetö
  • Boris Vogeler