Erlanger Literaturpreis für Poesie als Übersetzung

„was mir an diesem preis fast am meisten gefällt, auch im verhältnis zu anderen, ist sein name: literaturpreis für poesie als übersetzung. es ist eine anspruchsvolle geste darin – wenn man poesie nicht gerade als ein abgelutschtes wort aus dem 19. jahrhundert begreift oder bloß synonym für lyrik oder gedichte; bei mir steht es ein bisschen unter artenschutz, auf einer art roter liste durch übernutzung im bestand bedrohter, also nach kräften zu schonender wörter. aber da es nunmal in diesem namen steht, sollte es da auch was bedeuten. und ich denke, mit der preisvergabe geben wir ja auch diesem wort bedeutung. und es steht nicht allein da, da steht ‚poesie als übersetzung‘, es steht da nicht ‚preis für die übersetzung von gedichten/ lyrik‘. das wörtchen ‚als‘ stellt einen hübschen wechselbalg her, der in mehr als eine richtung funktioniert; es ließe sich zb übersetzen sowohl in ‚poesie/ gedichte, die (in eine andere sprache) übersetzt worden sind‘ als auch ‚übersetzungen (aus einer anderen sprache), die (im deutschen) gedichte/ poesie sind‘ oder gar ‚gedichte, die poesie sind, weil sie übersetzen, in sich übersetzungen sind (‚mehrsprachig‘? sicher mehr als einsprachig), und das nicht unbedingt, indem sie ein vorbild aus einer sprache in eine andere übertragen‘ – und letzteres käme, muss ich gestehn, auch meiner idee von poiesis am nächsten: dass sich etwas herstellt, herstellen kann, das so und bislang noch nicht da war: kein abbilden – eine bewegung, ein darüberhinaus. diese lesarten schliessen sich für mich nicht aus, man kann sie nur, denk ich, unterschiedlich gewichten. und wenn ich vor allem die dritte als möglichkeit nicht ausschliesse, wäre für mich ‚poesie als übersetzung‘ kurz und etwas grob gefasst: dass sich über ‚fremd/ anders=sprachige‘ einflüsse und wechselwirkungen eine erweiterung der möglichkeiten von (sagen wir) ‚zielsprache‘ herstellt.“ (Barbara Köhler)

„was mir an diesem preis fast am meisten gefällt, auch im verhältnis zu anderen, ist sein name: literaturpreis für poesie als übersetzung. es ist eine anspruchsvolle geste darin – wenn man poesie nicht gerade als ein abgelutschtes wort aus dem 19. jahrhundert begreift oder bloß synonym für lyrik oder gedichte; bei mir steht es ein bisschen unter artenschutz, auf einer art roter liste durch übernutzung im bestand bedrohter, also nach kräften zu schonender wörter. aber da es nunmal in diesem namen steht, sollte es da auch was bedeuten. und ich denke, mit der preisvergabe geben wir ja auch diesem wort bedeutung. und es steht nicht allein da, da steht ‚poesie als übersetzung‘, es steht da nicht ‚preis für die übersetzung von gedichten/ lyrik‘. das wörtchen ‚als‘ stellt einen hübschen wechselbalg her, der in mehr als eine richtung funktioniert; es ließe sich zb übersetzen sowohl in ‚poesie/ gedichte, die (in eine andere sprache) übersetzt worden sind‘ als auch ‚übersetzungen (aus einer anderen sprache), die (im deutschen) gedichte/ poesie sind‘ oder gar ‚gedichte, die poesie sind, weil sie übersetzen, in sich übersetzungen sind (‚mehrsprachig‘? sicher mehr als einsprachig), und das nicht unbedingt, indem sie ein vorbild aus einer sprache in eine andere übertragen‘ – und letzteres käme, muss ich gestehn, auch meiner idee von poiesis am nächsten: dass sich etwas herstellt, herstellen kann, das so und bislang noch nicht da war: kein abbilden – eine bewegung, ein darüberhinaus. diese lesarten schliessen sich für mich nicht aus, man kann sie nur, denk ich, unterschiedlich gewichten. und wenn ich vor allem die dritte als möglichkeit nicht ausschliesse, wäre für mich ‚poesie als übersetzung‘ kurz und etwas grob gefasst: dass sich über ‚fremd/ anders=sprachige‘ einflüsse und wechselwirkungen eine erweiterung der möglichkeiten von (sagen wir) ‚zielsprache‘ herstellt.“ (Barbara Köhler)