Die 10. Preisverleihung am 24.08.2023 fand im Rahmen des 43. Erlanger Poetenfestes statt
Foto: Erich Malter
Anlässlich des 43. Erlanger Poetenfests (24. bis 27. August 2023) vergibt die Stadt Erlangen zum zehnten Mal den „Erlanger Literaturpreis für Poesie als Übersetzung“. Der mit 10.000 Euro dotierte Preis wird in diesem Jahr an den Autor und Übersetzer Christian Filips verliehen. Ein mit 5.000 Euro dotierter Sonderpreis der Jury geht an Franz Josef Czernin. Nach dem Besuch einer Europäischen Schule in Belgien studierte Christian Filips (* 1981 in Osthofen) von 2000 bis 2008 Philosophie, Germanistik und Musikwissenschaft in Wien und Berlin. Von 2003 bis 2010 arbeitete er zudem als Musikdramaturg, seit 2010 verstärkt als Theaterregisseur, unter anderem im Haus der Berliner Festspiele, am Maxim-Gorki-Theater sowie an der Berliner Volksbühne. Gemeinsam mit Urs Engeler gibt Christian Filips die „roughbooks“ heraus, eine Reihe für zeitgenössische Poesie. 2017 gründete er das mehrsprachige Literatur- und Übersetzungskollektiv WIESE / مرج) Wie es ist). Franz Josef Czernin (* 1952 in Wien) studierte von 1971 bis 1973 an der Indiana University (Bloomington, USA). Seit 1980 lebt er hauptsächlich in Rettenegg (Steiermark) und hat seit 1978 zahlreiche Gedichte, Prosa, Theaterstücke, Essays und Aphorismen veröffentlicht. Sein weitgespanntes poetisches, übersetzerisches und theoretisches Werk verbindet Einflüsse aus Tradition und Moderne. Systematisch erkundet Franz Josef Czernin die verschiedenen möglichen Beziehungen von Sprache, Subjekt und Welt. Dichtung ist für Franz Josef Czernin stets auch potenzierte poetische Erkenntnis. Die Laudationes halten Susanne Lange (Christian Filips) und Paul-Henri Campbell (Franz Josef Czernin).
Übersetzen ist so gut dichten als eigne Werke zustande bringen – und schwerer, seltener. Am Ende ist alle Poesie Übersetzung. (Novalis)
Aus der Begründung der Jury:
Christian Filips Übersetzungen verbinden größtmögliche Freiheit und Respekt vor dem Original. Der Nach-Dichter, Musikdramaturg und Regisseur verfügt über eine Vielzahl sprachlicher Register (Dialekte, Soziolekte, Fachsprachen und historische Sprachstufen), zu denen sich in seinen Inszenierungen und Theaterarbeiten häufig auch die Schwesterkunst Musik gesellt. Filips übersetzt unter anderem aus dem Englischen (Louis Dudek, Laura Riding), Französischen (Christian Prigent), Isländischen (Halldór Laxness Halldórsson), Italienischen (Pier Paolo Pasolini), Niederländischen (Paul Bogaert, Els Moors) und Ungarischen (Attila József, Ágnes Nemes Nagy), oft in Tandems. Besondere Würdigung verdient sein Engagement als Herausgeber von Poesie und Übersetzung.
Anlässlich der zehnten Vergabe des Erlanger Literaturpreises für Poesie als Übersetzung erhält Franz Josef Czernin einen Sonderpreis der Jury für sein poetisch-übersetzerisches Gesamtwerk, das neben Übersetzungen im engeren Sinn (Shakespeare: Sonnets. Übersetzungen, 1999) zahlreiche „Verwandlungen“ umfasst, wie zum Beispiel seine „übertragungen aus fernem deutsch“ (in „staub.gefässe“, 2008), seine Anverwandlungen von Dantes „Commedia“ (in „zungenenglisch. visionen, varianten“, 2014), seine Metamorphosen von Grimms Märchen („Der goldene Schlüssel und andere Verwandlungen“, 2018) oder seine Überschreibung von Willhelm Müllers „Winterreise“ („reisen auch winterlich“, 2019). Die Übersetzung wird zum Sonderfall einer metaphorischen Übertragung als Ursprung aller Poesie.
Wer sitzt in der Jury?
Die Jury des Erlanger Literaturpreises für Poesie als Übersetzung besteht selbst aus Übersetzer*innen. Dieses Konzept soll die sprachschöpferische Qualität der ausgezeichneten Arbeiten verbürgen. Der Jury gehörten in diesem Jahr an: Orsolya Kalász (Berlin), Dagmara Kraus (Berlin), Adrian La Salvia (Erlangen, Jury-Sprecher), Benedikt Ledebur (Wien), Ilma Rakusa (Zürich), Monika Rinck (Berlin) und Uljana Wolf (Berlin).