Die Dichtung des Protestes im Wandel

von Ali Abdollahi

1.

[Fußnote 1]Der vollkommene Beitrag ist hier zu sehen: Ein Dieb im Dunkeln starrt auf ein Gemälde, persischprachige Lyrik des 21.Jahrhunderts, Herausgegeben von Ali Abdollahi, Kurt Scharf, Sujet Verlag, Bremen, 2021. S. 313-338.

Die moderne persische Lyrik hat eine Vorgeschichte von über hundert Jahren. Aber dahinter liegt die etwa tausendzweihundert Jahre lange Geschichte einer vielfältigen klassischen Literatur mit unterschiedlichen Formen und Stilen – mit Werken von Dichtern, die jeweils in verschiedenen Teilen des weiträumigen Irans im kulturellen Sinne lebten und wirkten. Man kann die heutige persischsprachige Dichtung nicht richtig begreifen, wenn man den Zusammenhang mit den kulturell-literarischen Besonderheiten dieses geografischen Raumes, der starken literarischen Tradition und dem darin gängigen Diskurs sowie den geografischen und sprachlichen Veränderungen außer Acht lässt.

Man liegt sicherlich nicht falsch, wenn man sagt, die persischsprachige Poesie sei von Anfang an eine Dichtung des Protestes gewesen. Trotz der erzwungenen Dominanz der arabischen Sprache im größten Teil dieses Raums haben Menschen es unternommen, auf Persisch zu schreiben; und diese einfache, schlichte Tatsache war schon ein Akt des Widerstands gegen die Besatzer [Fußnote 2] Dies richtet sich weder gegen die Araber und ihre Kultur noch gegen den Islam; es ist lediglich eine Kritik an dem Überfall auf Iran und die Unterdrückung seiner Kultur im Namen einer Ideologie, die als Religion ausgegeben wurde, aber vor allem den Interessen einer kleinen Oberschicht diente. und das Verbot der Sprache, das die arabisch-muslimischen Eroberer mit Feuer und Schwert durchsetzten. Infolgedessen standen natürlich auch alle Sujets der Literatur zwangsläufig im Gegensatz zum Diskurs der Machthaber und der arabischen Sprache. Sie wurden zu einer Form des Protestes. Die muslimischen Herren jener Zeit missbilligten Themen wie die der epischen Dichtung, die überlieferte vorislamische Mythen behandelte, betrachteten sie als aufrührerisch und gingen dagegen vor. Ebenso stand die lyrische und die Liebesdichtung, die der Sufis und der Mystiker in einem offenen, scharfen Gegensatz zum arabisch-islamischen Dogmatismus, der Orthodoxie und der Scharia. Nur Lehrgedichte, in denen der Dichter im Rahmen der islamischen Dogmen blieb, waren vor ihnen sicher, weil sie ihnen ungefährlich erschienen. … [Fußnote 3]So kam es, dass ein Dichter in Ungnade fiel und verbannt wurde, wenn er die heimischen Mythen behandelte und wenn er Wein und Liebe besang. Und sogar friedliebende Bewegungen wie die Mystik und der Sufismus mit zutiefst menschlichen Grundsätzen, der Verkündung von Toleranz und der Botschaft der Versöhnung waren in den Augen der Herrschenden gefährlich. Sie wurden nicht geduldet, wurden als aufrührerisch, ketzerisch und heidnisch etikettiert und wurden de facto neben der Musik, die nur im Geheimen weiter blühte, für ḥarām (religiös unerlaubt) erklärt.

Dies Verbot wurde zu verschiedenen Zeiten strenger oder weniger streng gehandhabt, aber es wurde nie vollständig aufgehoben. Andererseits gab es nach den ersten beiden, in dieser Hinsicht besonders rigiden Jahrhunderten immer wieder lokale Herrscher und sogar Schahs, welche die iranische Kultur liebten, die Wünsche der Kalifen in Bagdad und Damaskus missachteten und die Bestrebungen der Dichter förderten. Da die Dichter von dieser Unterstützung lebten, verfassten sie natürlich auch Fürstenlob, und gelegentlich wurden die Dichter in ihren Erwartungen auch enttäuscht. Vom Verfasser des iranischen Nationalepos Firdausi [Fußnote 4](940 – 1020), wird berichtet, dass der Herrscher Schah Maḥmud von Ġazni ihm statt der versprochenen Belohnung in Gold nur Silber zugewendet habe. (Heinrich Heine hat darüber die schöne Ballade „Der Dichter Firdusi“ Ins Persische übersetzt und veröffentlicht von Ali Abdollahi bei Golazin Verlag, Teheran geschrieben.) [Fußnote 5]Aber nicht wenige bezahlten für ihr Proteste mit ihrem Leben wie die Mystiker Ḥallāğ (858 – 922), Sohravardi (1154 – 1194) und ‘Ayn-ol-Qażāt Hamādāni (1098 – 1131). Aber dennoch ließen sich die Poeten nie davon abbringen: Entweder dichteten sie wie Firdausi, Chayyam (Ḫayyām, 1048 – 1131) und Naṣir Ḫusrau (1004 – 1088)

Entweder dichteten die Dichter wie Firdausi, Nasser Chosrau, Chayyam (1048 – 1131) unverblümt, mit kritischem Unterton gegen den herrschenden Diskurs und bezahlten dafür einen hohen Preis oder sie verschlüsselten ihre Verse wie viele andere mit fremdartigen und mehrdeutigen Metaphern; später interpretierten scharfsinnige Kritiker ihre Verse, ihre mystischen Symbole, die Verwendung von lebendigen oder vergessenen Überlieferungen sowie die theologischen Hintergründe; und durch diese Erklärung rissen sie den Damm der Zensur ein.

Außerdem machte die Mehrdeutigkeit ihrer Worte es möglich, sie verschieden zu interpretieren, ja sogar religiös zu kommentieren, und daher konnte sie man nicht ohne weiteres ignorieren oder aus dem Verkehr ziehen. Bei Hafis ist diese Kunst, Metaphern zu schaffen und die Aussagen zu verschlüsseln, um den islamischen Rechtsgelehrten und den Vertretern der Orthodoxie auszuweichen, zu einer unvergleichlichen Meisterschaft gediehen. [Fußnote 6]Ihn und andere erstrangige Dichter konnten weder die herrschende Orthodoxie noch die Opposition einfach als Gläubige ansehen oder als Ungläubige etikettieren. Man konnte nicht behaupten, sie seien Wüstlinge oder Galane, aber auch nicht, dass sie gottergeben seien und sich nur der höchsten spirituellen Liebe hingäben. Die Diskussion darüber und die Vieldeutigkeit gehen bis heute weiter; und es gibt sogar im Iran von heute noch Leute, die eine offen mystische Auslegung des Islams für sündhaft halten und Sufis einsperren lassen.

Freilich hat diese Strenge mit dem Leben der Dichter nicht ihr Ende gefunden, sondern es hat Mullahs gegeben, die den Dichtern die Bestattung auf einem muslimischen Friedhof verweigert haben, so ist es Firdausi, Chayyam und Hafis geschehen. Manche Gräber haben Fanatiker sogar wiederholt zerstört. Das gilt sogar für die Geschichte vom Mausoleum des Hafis; sie ist ein treffendes Beispiel zum Beleg dieser Aussage. [Fußnote 7]Auch für den heutigen Dichter, jenen wie Ahmad Shamlu. Seinen Grabstein ist von Fanatikern in letzten zwanzig Jahre paar Mal gebrochen.)

Firdausi, Verfasser des iranischen Nationalepos

2.

Aber eben diese schöne, verschlüsselte Dichtung verblasste nach Dschāmi (1414 – 1492), dem letzten Klassiker. Sie verlor an Strahlkraft und erschöpfte sich in Wiederholungen.

Diesmal aber begann die persischsprachige Dichtung, am Hof der indischen Mogulkaiser, deren Amtssprache damals 7. Jhdt das Persische war, sich weiterzuentwickeln und eine neue Kreativität zu entfalten. Die Literaturkritiker nennen diese neue Blüte den indischen (oder isfahanischen) Stil. [Fußnote 8]Der größte Teil seiner Vertreter waren entweder wie Ṭālib Āmuli (*1585 in Amol/Iran +1657 in Kaschmir/Indien) , Ṣā’ib Tabrizi (1592 – 1676 ) und Kalim Kāšāni (*1581/1585 in Hamadan, +1651 in Kaschmir) der Strenge und des Dogmatismus der Safawiden (1501 – 1722) überdrüssig geworden und von Iran nach Indien geflohen, oder sie stammten wie Amir Ḫusrau (*1253 in Patiyali/Indien, +1325 in Delhi ), Ġāni Kašmiri (1630-1668 in Kaschmir) und Bidel Dehlavi (*1642 ‘Aẓimābād, heute Patna/Indien, +1720 in Delhi) sowie Mirzā Ġālib (*1797 in Agra/Indien, +1869 in Delhi) aus Indien bzw. dem heutigen Pakistan.

Sie interessierten sich für den Augenblick und innere Stimmigkeit, sie personifizieren Gefühle und suchen nach fernen, fremden, noch nie entdeckten Eigenschaften der Dinge, und sie verzichteten z.T darauf, den Koran und die Überlieferungen (Hadithe) zu zitieren, auch auf die Verwendung mancher beliebter Literaturfiguren besonders der Verschlüsselung. Stattdessen bemühten sich um Objektivität sowie das Detail. In ihren Gedichten spielten Phantasie, Ordnung und Symmetrie eine große Rolle und ihr Blick für Einzelheiten war unvergleichlich. Sie entwickelten eine unerschöpfliche Phantasie, entdeckten die Poesie der banalsten Sujets und wandten ihren Blick vom Umfassenden und Metaphysischen ab. Im Gegensatz zu den Dichtern der vorangegangenen Epoche, waren die bevorzugten Formen dieser Dichter das Ghasel, der Zweizeiler und der Robā’i. Diese bei ihnen beliebten kurzen Formen passten besser zu ihrem erstaunlichen Minimalismus.

Bis in die letzte Phase der Kadscharenzeit (1789 – 1925) hinein fanden faktisch keine Veränderungen in der Literatur statt und somit entstanden keine modernen Formen. Die Erneuerung der Dichtung in persischer Sprache verzögerte sich um Jahrhunderte.

Die neue Rolle Europas und die Wahrnehmung des dort gängigen Diskurses, die historischen Notwendigkeiten und die Bedürfnisse des Zeitgeistes sowie der rapide soziale Wandel bedeuteten für die iranische Gesellschaft einen Schock und beschleunigten die literarische Entwicklung. Man weiß, dass jede Blütezeit literarischer Kreativität gewöhnlich auf eine Welle von Übersetzungen und des interkulturellen Dialogs zwischen verschiedenen Nationen und Sprachen folgt – so wie sich in Europa nach den Übersetzungen aus orientalischen Sprachen, u. a. dem Persischen, die klassische und romantische Dichtung herausgebildet haben. So etwas geschah nun in Iran zum dritten Mal und übte einen großen Einfluss auf die Erneuerung der persischsprachigen Dichtung aus.

Die dritte Welle bildeten die Übersetzungen europäischer Literatur ins Persisch von heute. Diese Bewegung ist noch in vollem Gange, und man kann sagen, dass sie in diesem Jahrhundert einen erstaunlichen Höhepunkt erreicht hat, sodass gegenwärtig so viele zeitgenössische europäische und amerikanische literarische und philosophische Werke übersetzt werden wie noch nie. Diese Übersetzungen erfolgten zunächst aus dem Französischen und später aus verschiedenen anderen Sprachen, z. B. dem Englischen, Deutschen und Russischen. Die persischsprachige Poesie von heute richtig zu verstehen ist in verschiedener Hinsicht ohne die Betrachtung des Einflusses der Übersetzungen schwierig, wenn nicht gar unmöglich. Jetzt stehen die Ergebnisse dieses kulturellen, geistigen und intellektuellen Dialogs dem Publikum persischer Sprache zur Verfügung. Diese verschiedenen Werke haben den Dichtern, neue Horizonte eröffnet.

Die moderne persischsprachige Poesie gewährt einen tiefen Einblick nicht nur in die lange eigene Tradition, von der hier zumindest kurz die Rede war, sondern auch in die Themen, die Struktur, die Ontologie und das Verständnis von Natur und Mensch sowie die aktuellen Verhältnisse in der abendländischen Literatur und Philosophie. Die persische Dichtung davor war zumeist abstrakt, subjektiv und in gewissermaßen auf die einzelnen Verspaare ausgerichtet; die dichterische Phantasie bewegte sich meist auf einer zeitlichen Ebene… Der Sinn dieser Ausführungen ist es, die Wahrnehmung dieser modernen bzw. europäischen Strukturen zu ermöglichen.

3.

Die Gestaltung der modernen persischen Poesie erfolgte parallel zur sozialen Erneuerung während der Verfassungsbewegung. In der iranischen Literatur dieser Epoche und, wenn auch etwas später und etwas schwächer in der afghanischen Dichtung, wurden die neuen Themen zunächst in den herkömmlichen Formen zur Sprache gebracht; die frühmodernen Dichter meinten, es genüge die Sujets zu ändern, man könne die neuen Anliegen und Bedürfnisse der Gesellschaft auch in den überlieferten Formen zum Ausdruck bringen. Deswegen waren sie anfangs bemüht, die aktuellen Themen und Begriffe wie die Emanzipation der Frau, die Pressefreiheit, eine Volksvertretung, die Notwendigkeit der Schaffung von Parteien, die Teilnahme an Wahlen und Abstimmungen, den Kampf gegen Ungerechtigkeit und für den Rechtsstaat sowie das Auftauchen neuer Phänomene wie die Eisenbahn, Autos, Flugzeuge, die Telegrafie in einer zeitgemäßeren Sprache, aber den überlieferten Formen zu behandeln. [Fußnote 9]Moḥammad Taqi Bahār (1886-1951) , Iradj Mirzā (1874-1926) und Eshqi (1893-1924) (in Iran), Ismail Balkhi (1918-1968) (in Afghanistan) und Makhdum Shāhin (1857-1894) sowie Ssadr-od-Din ‘Ayni (1878-1954) (in Tadschikistan) gehören zu ihnen.

Nach und nach begriff man, dass es nicht genügte, sich an den traditionellen Vorbildern zu orientieren, sondern dass man daneben auch in Form und Metrik Veränderungen vornehmen musste wie z. B. die Schaffung von freien Versen. Ein wenig später änderte sich auch der Umgang mit der Sprache und sehr bald kam es zu einem Aufschwung von freien Versen in der Sprache des Volkes, und das Alltagsleben der einfachen Leute fand seinen Ausdruck in der Literatur. An die Stelle einer abstrakten, allgemeinen Liebe in der persischen Lyrik trat die zu einer konkreten, lebenden Frau, und die Dichter bezogen ihre übrigen Sujets aus der aktuellen Gesellschaft, nicht länger ihrem Innern und abstrakten, transzendentalen Vorstellungen.

Laut Kritiker ist Nimā Yuschidsch der Vater der modernen Lyrik. Die nach ihm benannte Lyrik benutzte zwar noch die alten Versmaße, die Zeilen mussten nun aber nicht mehr gleich viele Versfüße enthalten. Nimā befreite sich von den klassischen Zwängen. Er fand, die Poesie müsse konkret sein und von den Nöten der realen Menschen sprechen. Er forderte, die Poesie müsse derselben Logik folgen wie die Prosa, und so wie sie mit beiden Beinen auf der Erde stehen, so müsse auch die Dichtung die natürliche Logik der Rede beachten, sie dürfe nicht im Schoße der Mystik und der Abstraktion verharren und nur Allgemeines sagen.

Ein wenig später führte Ahmad Schamlu, einer von Nimās Jüngern freie Verse ein, d.h. solche ohne ein festes Versmaß, und nannte sie „nackte Gedichte“. Allerdings achtete er auf die Musik der Worte, sich natürlich ergebende Reime und Alliterationen und machte bei seiner Lyrik Gebrauch von den unentdeckten Möglichkeiten des Tons der alten persischen Prosa sowie der Kultur der Straße und des Basars. Aber durch deren Verwendung sowie die von sprachlichen Archaismen und einer idealistischen, gehobenen Sprache, blieb er in gewisser Weise dennoch der Tradition verhaftet. Andererseits übernahm er viel von westlichen Dichtern und übersetzte auch viele Werke europäischer und amerikanischer Autoren ins Persische.

Nach Schāmlu entstanden noch andere Spielarten der Lyrik in persischer Sprache wie die „reine Poesie“, Prosagedichte, dramatische Gedichte, umgangssprachliche Gedichte, modernistische postmodernistiche Dichtung bzw. Gasel, und sogar solche in der Vulgärsprache, die Poesie in anderer Situation usw…

Die neue Dichtung nach Nimā und Schāmlu entwickelte sich mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit weiter. [Fußnote 10]und alsbald traten hervorragende DichterInnen wie Forugh Farrochsād, Achawān Ssāless, Ssohrāb Ssepehri, Nossrat Rahmāni, Nāder Nāderpur, Ssiāwosch Kassrā’i, Schafi’i-Kadkani, Mohammad ‘Ali Ssepānlu, Essmā’il Cho’i und andere auf, von denen jeder seinen eigenen Stil pflegte und die doch alle ihre Modernität verband Diese Epoche fällt in die fünfziger bis achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts.

Die persische Lyrik hat ihre Möglichkeiten in dieser Zeit sowohl hinsichtlich der Form als auch des Ausdrucks bemerkenswert erweitert und ihre Beziehung zu den Themen, die sie behandelt, zum Alltagsleben und den Alltagsproblemen völlig verändert.

Die weltweite linke – sogenannte 68er – Bewegung übte auch auf die Dichter in Iran, Afghanistan und Tadschikistan einen offensichtlichen Einfluss aus. Sie übernahmen linkes, sozialistisches Gedankengut, setzten sich für Gerechtigkeitsideale ein, und viele von ihnen wurden sogar Mitglieder in linken Bewegungen und Parteien ihrer Länder. Gleichzeitig nahmen patriotische Themen und solche der Suche nach der eigenen Identität in der persischsprachigen Poesie Gestalt an.

Auch wenn sich in allen drei persischsprachigen Ländern dieselben eben erwähnten Tendenzen zeigten, und sie insofern im Einklang miteinander standen, so erwies sich die Produktivität der afghanischen Dichtung bei der Übernahme der Errungenschaften Irans doch als direkter und fortschrittlicher, als das in Tadschikistan der Fall war.

Die afghanischen Dichter waren mehr oder weniger gut informiert über die Entwicklungen in der modernen Lyrik Irans und begleiteten diese, wenn gleich unter Berücksichtigung der eigenen Gegebenheiten und mit einigem Abstand.

Aber in Tadschikistan verlief die Entwicklung anders, wegen der Errichtung des Eisernen Vorhangs und geschlossenen Grenzen gegenüber der Umgebung. Dann, die beherrschende Stellung der russischen Sprache in allen Sowjet-Republiken und die in Ersetzung der lokalen Alphabete durch die kyrillische Schrift. Die Trennung von Buchara und Samarkand in der politischen Geografie, in Usbekistan sowie das Verbot, in diesen beiden wichtigen seit Urzeiten Zentren der persischen Sprache und ihrer Entwicklung gewesen waren, persisch zu schreiben. Nach dem Zeugnis des tadschikischen Dichters Askar Hakim, wurden die Menschen in Tadschikistan zweimal zu Analphabeten gemacht, einmal durch die Umstellung der Schrift von Persisch auf Lateinisch und das zweite Mal mit der Ersetzung der lateinischen Buchstaben durch die kyrillischen.

Wenn Afghanistan ein solches Problem auch erspart blieb, so wurden die Menschen dort doch Opfer einer noch zerstörerischen Katastrophe: der Besetzung des Landes durch die Russen, des Beginns interner Kämpfe und der darauf folgenden nicht enden wollenden Anarchie sowie des Fehlens kultureller Publikationen, der Einstellung der Veröffentlichung von Büchern sowie der Migration der Menschen aus Afghanistan in alle Welt. Diese Krise dauert leider noch an und beeinträchtigt das gesellschaftliche und kulturelle Leben. Deswegen muss man den Blick bei der Betrachtung der afghanischen Poesie weiten und neben der des Inlands auch die literarischen Strömungen im Exil ins Auge fassen. Exil in Pakistan, in Iran, und in verschiedenen Ländern der Welt. Die Situation der Exilliteratur in Pakistan und Iran ist unterschiedlich. Der Anteil von Gedichten über den Krieg, von Berichten über die Zerstörung und der Ausdruck nostalgischer sowie romantischer Gefühle nimmt in der afghanischen Literatur mehr Raum ein als in der iranischen, da die iranischen Dichter nach Irak-Iran Krieg diese Etappe hinter sich gelassen haben. Was man in der Lyrik der iranischen Autoren findet, ist die Spur dessen im Trauma und im Unterbewussten der Menschen Irans. Außerdem hat im Geschmack der iranischen Leser von Gedichten eine grundlegende Veränderung stattgefunden.

Romantische Anliegen und Liebesromanzen haben eine modernere Form angenommen als in Afghanistan und Tadschikistan. In den beiden letztgenannten Ländern haben traditionelle Bilder von der Liebe und romantische Gefühle noch zahlreiche Anhänger, auch auf dem Gebiet der modernen Lyrik. Zu den übrigen Errungenschaften der heutigen modernen Dichtung gehört in allen drei Ländern, aber besonders in Iran, die Entstehung einer starken, lebendigen Strömung in der literarischen Sprache, die sich auf alle Gebiete erstreckt und die im Vergleich mit der Vergangenheit sehr aufregend und höchst begrüßenswert ist: In allen drei Ländern haben bedeutende Frauen angefangen zu dichten, und einige von ihnen haben sich einen Platz in der Weltliteratur erobert wie Forugh Farrochsād und Ssimin Behbahani aus Iran, Gulrukhsor und Farzona Khujandi aus Tadschikistan sowie Chālida Furugh aus Afghanistan. In der Literatur Tadschikistans gibt es noch ein besonderes Thema: die Rückbesinnung auf sich selbst und die Suche nach der alten eigenen Identität, die bei den tadschikischen Dichterinnen und Dichtern immer wiederkehrt. Durch die Änderung des Alphabets in Tadschikistan ist die Verbindung der dortigen Poesie zum Kern der modernen Lyrik in persischer Sprache in Iran bereits seit über hundert Jahren abgeschnitten. Es ist sicher nicht falsch zu behaupten, dass ebendiese Trennung die Ursache dafür ist, dass die Suche nach der eigenen Identität und die Nostalgie zu bestimmenden Themen der tadschikischen Dichtung geworden sind. Die modernen Autoren hatten wegen der Doktrin des sozialistischen Realismus weder ungehinderten Zugang zur russischen Literatur noch konnten sie aus den Quellen ihrer eigenen Tradition schöpfen. Aus diesem Grund hat sich die tadschikische Literatur in formaler und sprachlicher Hinsicht weniger entwickelt als die iranische und die afghanische. Auch benutzt man in Tadschikistan mehr als in Iran und Afghanistan die traditionellen Formen.

4.

Die moderne persischsprachige Poesie ist in Iran in gewissermaßen lebendiger und, was die Quantität betrifft, produktiver. Der progressive und regimekritische Anteil war bis in die achtziger Jahre ausgeprägt politisch und sozial engagiert, kämpferisch, humanistisch, mit hohen Idealen und weitreichenden Wünschen. Deswegen legten die DichterInnen neben der Freiheit großen Wert auf Menschenwürde, moderne Werte und einen Kampf gegen die Zensur, und zwar nicht nur die staatliche, sondern auch die gesellschaftliche, die von der traditionellen Religiosität herrührt und der orientalischen Despotie. In diesem Zusammenhang sei auch kurz erwähnt, dass neben dieser fortschrittlichen, progressiven Bewegung nach der islamischen Revolution von 1979 auch eine vom Staat abhängige, religiöse Strömung der Poesie entstanden ist. Ihre Parteigänger haben sich um den Regierungsapparat geschart und parallele Strukturen zum kulturellen Leben aufgebaut, um die authentischen Bestrebungen der unabhängigen Dichter zu neutralisieren. [Fußnote 11]Sie haben im ganzen Land Künstlerverbände geschaffen, um die islamischen Ideen zu propagieren. Sie erhalten Zuschüsse zum Druck und Vertrieb ihrer Werke; diese werden in Kulturhäusern, Bibliotheken und sonstigen öffentlichen Einrichtungen präsentiert, es werden Räume für Lesungen angemietet, ihre Gedichte werden in den Schulen verbreitet und in die Lehrbücher aufgenommen, während den nicht regimetreuen Dichtern alle diese Möglichkeiten vorenthalten werden und man sie aus dem öffentlichen Leben verdrängt. Aber das unabhängige Publikum lehnt die staatlich geförderte Poesie ab. Sie hat wegen ihrer klischeehaften Ausdrucksweise und ihres ideologischen Charakters weder nennenswerte Erfolge bei den Lesern noch konnte sie einen islamisch-revolutionären Diskurs in einer künstlerisch wertvollen Sprache schaffen, und es gibt keine bedeutenden Dichter innerhalb dieser Strömung. Einige ihnen nahestehende Dichter versuchen, das Ghasel der indischen Schule wiederzubeleben, und die Regierung verteidigt freilich die klassischen Formen; in freien Formen hat man bei ihnen keinen Erfolg. Da ihre Anschauungen und ihre Ideologie im Gegensatz zur Moderne stehen, gelang es ihnen nicht, die Forderungen Nimās in die Tat umzusetzen oder Shāmlus Weg weiter zu verfolgen.

Die regimetreuen Dichter vermochten es auch nicht, die unabhängige Poesie zu verdrängen. Die Anhänger der offiziellen Linie reproduzieren nicht nur die alten Formen und ideologischen Klischees, sondern sie haben auch die Tradition des Fürstenlobs wiederbelebt, die wenigsten seit der Zeit der Safawiden aus der Geschichte verschwunden war und während der Verfassungsbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts heftig kritisiert wurde. Sie stimmen erneut das Lob der Herrschenden an und tragen bei staatlichen Großveranstaltungen in Anwesenheit der Machthaber ihre lobhudelnden Gedichte vor. Dafür erhalten sie üppige Honorare, und ihre Autorenrechte werden äußerst großzügig abgegolten. Letzteres galt auch für einige begabte Stimmen, die gute Gedichte über den vom Irak begonnenen Krieg verfasst haben; aber auch sie mussten sich an die offizielle Linie halten und von der heiligen Verteidigung sprechen, anstatt das Leiden der einfachen Leute im Krieg zu thematisieren. So haben sie um der offiziellen Sicht auf diese Katastrophe willen ihr Talent aufs Spiel gesetzt. Sie nahmen Abstand davon, Partei für die einfachen Menschen zu ergreifen; und so blieben viele schreckliche Seiten des Krieges unerwähnt. Ihre Werke entsprechen nach den Maßstäben der Weltliteratur nicht der Definition von moderner Poesie und dem freien Wesen der Dichtung.

In den letzten zwanzig Jahren in Iran ist eine neue Form des Ghasels entwickelt worden, durch eine relativ unabhängige, kritische Bewegung; ihre Ghaselen sind postmodern, sie enthalten Wortspiele oder eine Erzählung. Die große Meisterin dieser Art von Ghaselen ist Ssimin Behbahāni und Hossein Monzawi. Ihre Qualität ist von keinem nach ihr erreicht worden, aber es gab einige kritische Stimmen unter ihnen, die ihr Vaterland wegen ihrer Scharfzüngigkeit aufgeben mussten.

In den letzten beiden Jahrzehnten hat es, wie von Nimā gefordert, verschiedene wichtige Ansätze gegeben, einen neuen Blick auf die Tradition zu werfen. Ihre Vertreter haben versucht, die oberflächliche und nur äußerliche Übernahme moderner Theorien, verursacht durch erste voreilige, mangelhafte Übersetzungen, zu korrigieren. Das betrifft Begriffe wie den „Tod des Autors“ (Roland Barthes) oder „Dekonstruktion“ und „Différance“ (sic! – von Jacques Derrida).

Die heutigen Dichter ziehen ein weniger radikales, extremes Vorgehen vor und bemühen sich um die Tiefenstruktur des Erzählens und echte poetische Elemente. Sie haben ein neues poetisches Klima geschaffen und authentische, nachdenkliche Gedichte geschrieben. Zwar trifft es zu, dass die sozialen Medien durch die zunehmende Vereinfachung und Beschleunigung der Kommunikation zur Verbreitung von Mittelmäßigkeit und Poesie mit erheblichen sprachlichen Mängeln beitragen, aber andererseits nehmen sie der Zensur ihre Macht.

Dichter können ihre Werke heute auf ihrer privaten Website oder auch in Buchform im Ausland veröffentlichen. Diese Möglichkeiten und das auf diesem Wege erreichte neue Publikum, haben sie ermutigt, sich weniger vor der staatlichen Zensur zu fürchten und die Selbstzensur einzuschränken. So wagen sie es jetzt, verbotene erotische Themen zu behandeln, politischen Protest zu äußern und die Herrschenden sowie die von diesen geförderten gängigen Tendenzen zu kritisieren. Dabei bedienen sie sich einer weniger verschlüsselten Sprache und ergehen sich nicht mehr nur in Andeutungen. Die heute lebenden persischsprachigen Dichter in Iran, Afghanistan und Tadschikistan sind einander näher als vergangene Generationen. So können sie besser voneinander profitieren und sich entwickeln. Das Ergebnis ist eine größere Bandbreite der Poesie. Sie verwenden umgangssprachliche Elemente, Wortspiele, Metaphern sowie den Stil des Haikus, greifen lokale Gegebenheiten und aktuelle Probleme auf, behandeln aber auch universelle Probleme und formulieren neue Anschauungen, fern von Idealismus, Ideologie und Propaganda. Sie entdecken eine neue Vorstellungswelt und Bildhaftigkeit sowie das poetische Element in gesellschaftspolitischen Themen und wechselnden Blickwinkeln, aber auch eine neue Art der Romantik.

Allerdings gibt es im persischsprachigen Raum auch wieder einen Blick auf die Natur und poetische Themen, eine Art Eskapismus, der die Behandlung politischer und sozialer Sujets vermeidet. Sie stehen neben den Vertretern der reinen Poesie. Bewusst oder unbewusst haben sich diese Dichter vom Zen-Buddhismus, mystischen Überlieferungen und der Sufi-Tradition beeinflussen lassen, die in der Geschichte des iranischen Kulturraums eine so wichtige Rolle gespielt haben. So sind in die persischsprachige Poesie von heute esoterische Tendenzen und eine neue Spiritualität eingedrungen, auch wenn viele Autoren das leugnen. Diese Dichter schreiben zum Teil, obwohl sie in den Städten leben, Schäferdichtung und schwelgen bei der Beschreibung des Landlebens und des Alltags in bukolischen Gefühlen. Sie pflegen eine Art Nostalgie nach dem Leben im Schoß einer unberührten Natur. Es ist ein gewissermaßen touristischer Blick auf die Natur, den sie zu Papier bringen. Für die Verse dieser Dichter gibt es z.T. sehr alte, z.T. aber auch moderne Vorbilder in der persischsprachigen Lyrik wie Ssohrāb Ssepehri und Bijan Dschalāli. Vertreter dieser Strömung in unserem Band der Anthologie sind Houshang Chalangi, Bijan Elāhi und Hormoz Alipour. Gern gelesene und beliebte ausländische Vorbilder dieser Lyrik sind Friedrich Hölderlin, Gottfried Benn und René Char sowie in gewissem Maße die französischen Surrealisten und die amerikanischen Naturalisten. Auch wenn sie es nicht wahrhaben wollen, sind sie in der Tradition der persischsprachigen Mystiker wie Attār und Rumi; Außerdem sollte man bei der Betrachtung der reinen Poesie und der Anhänger von l’art pour l’art in der persischen Sprache an herausragende ausländische Vorbilder denken wie Rilke, Benn und Char und die Beziehung zwischen Romantik und Quietismus.

Die schwierige Beziehung der persischsprachigen Dichtung zu den Despoten ist ein uraltes Phänomen. Zeugnis davon legen die dichtenden Herrscher in der Geschichte des iranischen Kulturraums ab, aber auch moderne Politiker in anderen Teilen der Welt wie Stalin, Mao, Saddam Hussain, Gaddafi und Niazov. Sie traten als Dichter und Redner auf. Radovan Karadžić soll in seiner Dichtung sogar die Eroberung von Sarajewo vorausgesagt haben.

Nach diesen Ausführungen kommen wir zu einem bedrückenden Schluss: Wir müssen feststellen, dass die persischsprachige Dichtung die meiste Zeit über eine Literatur des Protestes und des Kampfes war, eines Ringens um die Wiedergewinnung einer verbotenen Identität und einer menschlicheren Lesart der Religion. Das hat dazu geführt, dass die Zensoren wohl wissend, dass die Poesie ein großes Publikum hat und viel gelesen wird, mit der Lupe überprüfen, wie die Dichter schreiben, Zeile für Zeile; und andererseits haben die DichterInnen stets dafür gekämpft, dies Hindernis zu überwinden und die Zensur zu unterlaufen. Wahrscheinlich ist jetzt eine Zeit, in der die gesellschaftliche Unterdrückung besonders brutal ist, die Gefängnisse immer voller werden und „einige Leute für ihre Galgen noch nach Hälsen suchen“ wie Navid Afkari gesagt.

Deswegen glaube ich nicht, dass die Poesie angesichts des Fehlens einer unabhängigen Zivilgesellschaft und freier politischer Parteien ihren Protest aufgeben wird. Vielleicht ist dies das Geheimnis: Ihre Forderungen sind noch nicht erfüllt und was einer jeden Generation an ungelebtem Leben und verbotenen Freuden geschuldet wird, und der erzwungene Verzicht wiegen zu schwer. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Projekt der zeitgenössischen Lyrik in Iran eins der erfolgreichsten Projekte der Moderne ist, das der Romanciers folgt ihm an zweiter Stelle. Andere dringende Projekte dagegen wie die Etablierung einer Demokratie, eines Rechtsstaats und einer freien Gesellschaft haben in den fast Hundertzwanzig Jahren seit der Verfassungsbewegung kaum Fortschritte gemacht. Die persische Dichtung versucht, dies Scheitern darzustellen, in der lokalen Sprache, aber mit einem universalen Blick.

Einige Gedichte aus der Anthologie

[Fußnote 12]Aus dem Buch: Ein Dieb im Dunkeln starrt auf ein Gemälde, persischprachige Lyrik des 21.Jahrhunderts, Herausgegeben von Ali Abdollahi, Kurt Scharf, Sujet Verlag, Bremen, 2021. S. 313-338. Aus dem Persischen übersetzt von Ali Abdollahi und Kurt Scharf

Houshang Chalangi/Iran
Aus den Wolken

Aus den Wolken
Wird jener Teil, der du bist
Nicht regnen.
Der Nebel wird gerade so sein
Geschlossenen Auges, sich senkend
Dass er ihn besser wahrnimmt
Den roten Vogel
Und zwar den ewigen roten Vogel

Nicht das, was jeden Augenblick prächtiger blüht
Über dem Scheitel des Pferdes des Reisenden
Noch die kleinen Stiefel
Die ihm die Sporen geben – in die Seiten.

هوشنگ چالنگی

از ابرها
آن تکه که تویی
نخواهد بارید
مه همان خواهد بود
چشم بسته و فرورونده
که بهتر ببیند
پرنده ی گلگون را و
تنها پرنده ی گلگون

نه این که هر لحظه شکوفاترست
بر فرق اسب رهگذر
نه چکمه های کوچکش
که بر گونه های او مهمیز می زند.

Askar Hakim/Tajikistan
Vogelgezwitscher – strengstens verboten!

Einen schönen, grünen
Garten sah ich
Mit mächtigen Bäumen
Prächtigen.
Aber lautlos
Still und stumm
Alle jungen Triebe geneigt
In Ehrfurcht.
Es hängt
Ein Gewehr an den Zweigen.
Vogelgezwitscher –
Strengstens verboten!

عسکر حکیم
خواندن مرغان-قطعاً ممنوع!

خرّم و زیبا
باغی دیدم
با درختان تناورده،
قشنگ.
لیک ساکت،
خپ و دم.
نوده‌ها جمله خمیده،
به خشوع.                                 

بود آویزان
در شاخه تفنگ-
خواندن مرغان-
قطعاً ممنوع!   

Mohammad Bagher Kolahi Ahari/Iran
Die Tiger (2)

Immer noch sind Tiger in der Welt
Die unsere Träume überwachen
Träume sind tief wie Wälder
Die durch einen Tiger,
der durch sie hindurchstreift,
plötzlich schön werden
Ein Fluss fließt vorbei
Ein Tiger zieht vorbei
Ein Engel zieht vorbei
Wie bliebe die Welt so beschwiegen
Ohne all diese Schönheit
Wie das Bedauern, das hält
Weil das Gewissen fehlt
In der Welt.

محمد باقر کلاهی اهری
ببرها 2

هنوز هم ببرهایی در جهان هستند
که از رؤیاهای ما پاسداری می کنند
رؤیاها چون جنگلهایی گودند
که ناگهان عبور ببری، آن را زیبا می کند
رودی رد می شود
ببری رد می شود
فرشته ای رد می شود

بی اینهمه زیبایی
جهان چه مسکوت می باشد
همچون تأسفی که بر جا می ماند
از نابودی وجدان
در جهان.

Abbas Saffari /Exil
Die Gegenwart der Fortgegangenen

Ich bringe es nicht übers Herz die Namen
Der Fortgegangenen im Telefonbuch auszustreichen
Wenn sie auch euch
An diesem trüben Herbstabend besuchen
Werdet ihr sehen
Dass sie sich kaum geändert haben
Sie sind nur ein wenig blasser
Magerer
Und wortkarger geworden

Sie setzen sich euch gegenüber
Rühren langsam ihren schwarzen Kaffee um
Und lauschen
Euren abgedroschnen Worten

Wenn man ihre Gegenwart
Nicht braucht
Erheben sie sich klaglos
Ziehen sich die staubigen Schuhe an
Und kehren wieder
Zurück zu ihren abgelaufnen Personalausweisen.

عباس صفاری
حضور رفتگان

نام رفتگان را دلم نمی آید
از دفتر تلفن خط بزنم
در این پسین گرفته سپتامبر
اگر به دیدار شما نیز بیایند
خواهید دید
که فرق چندانی نکرده اند
فقط کمی رنگ پریده
لاغر
و کم حرف شده اند

در برابرتان می نشینند
قهوه سیاهشان را به آرامی هم می زنند
و به حرفهای شب مانده شما
گوش می سپارند

به حضورشان
نیازی اگر نباشد
بی هیچ گله ای بر می خیزند
کفش های خاکی شان را می پوشند
و به شناسنامه های باطل شده خویش باز می گردند .

Farzaneh Ghavami/Iran
Was war noch meine Größe

Muss ich dies Gewicht halten
Meine Haut straffen
Mit einer Nadel eine Linie über meine Brauen
Tätowieren
Und mir künstliche Wimpern einpflanzen lassen
Mit Akupunktur
Meinen verdammten Appetit zügeln
Dann werden mir die Röcke nicht zu eng
Soll ich mir Blumen ins Kopftuch stecken
Und meine künstlichen Wimpern nach mehr aussehen lassen

Ich habe mir die Haut straffen lassen
Ich zweifle an meinen Schenkeln
Vor deinen Armen flie…

Ich strecke mich und bei der nächsten Beugung brech‘ ich mir den Rücken
Die Brüchigkeit geht weiter
Mein Gesicht Das Geschirr Meine Hüften
Ich lasse mir Akupunktur machen
Ein Martinshorn und ein Krankenwagen
Und ein großes Bett für einen
Nur für einen?
Ich bin eine Ein-Personen-Karawane
Was war noch meine Größe?
Ich meine nicht die Schuhe
Ich meine die Größe meiner Figur
Stell den Wecker, damit ich meine Tabletten nicht vergesse
Der Krampf hört nicht auf
Beim nächsten Elektroschock
Gestehe ich alles
Ich bin ein bisschen zu schwer
Um zum Mond zu fliegen.

فرزانه قوامی
چند بود شماره ام؟

باید توی همین وزن بمانم
پوستم را بکشم
با سوزن خطی بالای ابروانم بگذارم
مژه های مصنوعی بکارم
سوزن بزنم
اشتهای لعنتی ام را بکشم
بعد اندازه ی این دامن ها شوم
توی روسری هایم گل بیندازم
و مژه هایم چند برابر جلوه کند
پوستم را کشیده ام
به ساق هایم شک می کنم
از بازوانت فرار…

کش می خورم و قوس بعدی کمرم را می شکند
شکستگی ادامه دارد
صورتم ظرف ها کمرگاهم
سوزن می زنم
آژیر و آمبولانس
و تختی بزرگ برای یک نفر
فقط یک نفر؟
من یک کاروان یک نفرم
چند بود شماره ام؟
کفش هایم را نمی گویم
شماره ی خودم
زنگش را بزن تا قرص هایم یادم نرود
گرفتگی ادامه دارد
با شوک بعدی همه چیز را
اعتراف می کنم
من برای رفتن به ماه، کمی سنگینم.

Baktash Abtin/ vor der Regierung ermordet in Evin Gefängnis
Die Erneuerung des Menschen

Die Hölle ist das Leben ohne dich
Du Poesie! Du Traum von der Erneuerung des Menschen
Ich schreibe dich
Im Ärmel der gesamten Welt
Suche ich eine Hand
Welche die Kugel
In eine weiße Fahne umwandelt
Ein solches Zauberkunststück liebe ich.

بکتاش آبتین/ مرمت انسان

جهنم است بی تو زندگی
ای شعر! رویای مرمت انسان
تو را می‌نویسم و
در آستین تمام دنیا
دنبال دستی می‌گردم
که گلوله را
به پرچمی سفید تبدیل کند
شعبده‌ای چنین را دوست دارم.

Vaterland

Die Bäume mit den grünen Augen
Die Tauben mit den weißen Leichentüchern
Und du mit deinen roten Wangen!
Vaterland!
Der Sarg der Sonne
Fällt so
Herab von oben von des Himmels Schultern.

“وطن”

درختان با چشمانی سبز
كبوتران با كفن‌هايی سفيد
و تو با گونه‌هايی سرخ!
وطنم!
تابوت خورشيد
اينگونه از شانه‌های آسمان
بالا می‌افتد!

Elias Alavi/Afghanistan
Wie Staub in der Luft

Ich sagte meiner Schwester
Von den Plätzen
Den Vierteln der Reichen
Und dem Gedränge der Basare Kabuls halt dich fern
Sie sprach: Hier liegt der Tod dem Staub gleich in der Luft
Auch wenn du alle Luken schließt
Kommt er am Ende auch zu dir ins Zimmer.

مثل گرد در هوا
الیاس علوی

به خواهرم گفتم
از میدان‌ها
محله‌های بزرگان
و بازارهای شلوغ کابل دوری کن
گفت: مرگ در اینجا چون گرد در هواست،
همه‌ی دریچه‌ها را ببندی نیز
سرانجام به اتاقت می‌آید.